Welches ist das beste Programm für ein papierloses Büro?
Immer wieder werde ich auf Vorträgen oder in Workshops gefragt, welches denn nun das beste Programm für ein papierloses Büro sei. Und immer wieder gebe ich die gleiche Antwort auf diese sehr umfangreiche Frage: „Es hängt davon ab…“. Das scheint manchem Frager zunächst unbefriedigend, ist aber aus meiner Sicht die einzig seriöse Antwort, die ich auf die Schnelle geben kann.
Manchmal komme ich mir bei dieser Antwort vor wie ein Anwalt, der keine verbindliche Aussage tätigen kann, bevor er nicht die genauen Umstände des Falles kennt. Dieser Vergleich ist gar nicht so verkehrt, denn, bevor ich irgendeine seriöse Empfehlung abgeben kann, muss ich das Unternehmen und die Prozesse sehr genau kennen, was meist gar nicht so einfach ist. Denn häufig wissen die Betroffenen selbst über die täglichen Arbeitsprozesse und Informationsflüsse nichts genaues. In vielen Unternehmen gibt es zudem keine Regeln oder Vorgaben für die Prozesse. So arbeitet jeder einfach nach bestem Wissen und Gewissen.
Aber eine klare Antwort kann ich auf die Frage nach dem richtigen Programm für das papierlose Büro immer geben: „Für mich ist die beste Software die, die man sehr gut bedienen kann.“
Viele Softwarelösungen sind sehr gut und werden praktisch jeden Tag besser. Nur oft wachsen die Kenntnisse der Mitarbeiter leider nicht mit. Es wird häufig umfangreiche, teure Software gekauft, aber an der Schulung der Mitarbeiter wird gespart. Und sich im Alltagsgeschäft Zeit frei zu machen, um sich intensiver mit den genutzten Programmen zu beschäftigen, schafft kaum ein Mitarbeiter. Denn alle stehen ja permanent unter Zeitdruck.
Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass eine neue Software oft von den jeweiligen Verkäufern so verkauft wird, dass alles ganz leicht sei und sich quasi von alleine erledige. Wenn sich dann in der täglichen Arbeit für die Mitarbeiter ein ganz anderes Bild ergibt, kommt schnell die Vermutung auf, es sei dann eben nicht die passende Software.
Das wiederum stimmt aber auch nicht, denn IT-Abteilung und Softwareanbieter machen sich ja schon Gedanken, nur leider häufig ohne die tatsächlichen Endanwender einzubeziehen. Das begegnet mir leider in vielen Unternehmen. Ebenso wie eine tiefe Kluft zwischen der Einschätzung der IT-Abteilung, was die Mitarbeiter können, und den tatsächlichen Fähigkeiten. Oft prallen da Welten aufeinander. In nahezu allen Unternehmen schreit es bei diesem Thema nach Optimierung.
Kurz gesagt: von den Mitarbeitern nicht oder nur in geringem Umfang genutzte Software ist eine absolute Fehlinvestition!
Neue Software, die eigentlich eine Erleichterung sein sollte, wird von den Mitarbeitern gefürchtet. Der Einführungstermin von SAP beispielsweise hängt wie ein Damoklesschwert über allen Abteilungen des Unternehmens und alle anderen Themen bleiben manchmal monate-, wenn nicht jahrelang auf der Strecke, weil: „Wir bekommen ja bald SAP“.
Aber zurück zur Ausgangsfrage: Welche Software ist die beste für ein papierloses Büro?
Diese Frage stellen mir Unternehmer und Mitarbeiter aus den verschiedensten Abteilungen, denn man kann sagen, Büro ist heutzutage überall. Selbst die Produktion ist davon nicht verschont. Es gibt viele sehr ähnliche Anforderungen in der Entwicklungs-, Marketing-, Personal-, Rechts- und Buchhaltungsabteilung. Alle Abteilungen sind gesetzlichen Vorgaben (z.B. Aufbewahrung und Compliance) und firmeninternen Vorgaben (z.B. Qualitätsmanagement) unterworfen. Und abteilungs- und unternehmensübergreifend sind die Probleme sehr ähnlich: umständliche Abläufe und doppelte Administration, elektronisch und in Papier.
Was verbirgt sich hinter dem Begriff papierloses Büro?
Es geht in Büros immer (sehr kurz dargestellt) um Folgendes:
- Informationsinput
- Informationsverarbeitung
- Informationsspeicherung und -vorhaltung
- Informationsoutput
- Archivierung
Der Durchlauf von Informationen vom Input bis zum Output kann in automatisierten Workflows stattfinden, oder in von Menschen angestoßenen und abzuarbeitenden Prozessen. Der Informationsinput hat verschiedenste Quellen, der Output verschiedenste Kanäle. Im Idealfall erfolgt all das papierlos.
Um allen diesen Anforderungen auch noch mit Softwarelösungen, erst recht mit nur einer Software, gerecht zu werden, muss man sich zum einen die heute gelebten, zum anderen natürlich auch die gewünschten Idealprozesse sehr genau anschauen. Dabei gilt es, nicht zu vergessen, dass die Papierlosigkeit kein Selbstzweck und auch kein Hilfsmittel ist, um höchst effizient zu arbeiten, sondern das Ergebnis von perfekten Prozessen.
Die Softwarelösungen am Markt sind sehr vielfältig und es gibt spezielle Angebote für jeden fachlichen Bereich. Einige sind Insellösungen, andere sind abteilungsübergreifend und wieder andere wollen alle Abteilungen und Prozesse in einem Unternehmen einbeziehen.
Wie finden Sie nun die beste Lösung für Ihr Unternehmen?
Ich erinnere: Es ist die Software, die Sie und Ihr Team, Ihre Mitarbeiter, am besten bedienen können. Das heißt, zu allererst den maximalen Nutzen aus der vorhandenen Software zu ziehen. Ich bin immer wieder überrascht, wie viel Energie, Zeit und andere Ressourcen darauf verwendet werden, um eine bessere Softwarelösung zu finden im Vergleich zu der Zeit, die investiert wird, die bereist im Haus vorhandenen Lösungen zu optimieren und die Fähigkeiten der Mitarbeiter zu schulen. Die geringe Ausnutzung der vorhandenen Programme, wie Word, Excel, Outlook, Lexware, Sage oder auch den „Giganten“ SAP, SharePoint und Datevtools erstaunt mich immer wieder.
In aller Regelmäßigkeit staunen die Mitarbeiter in Schulungen, was man noch alles mit den Programmen anstellen kann, obwohl sie schon Jahre damit arbeiten.
Die vorhandenen Programme auszunutzen, perfekt zu kennen bedeutet auch, deren Grenzen zu kennen und zu wissen, welche Grenzen man akzeptieren kann und für welche Prozesse man sich tatsächlich nach einer Erweiterung oder auch einem neuen Programm umsehen muss.
Was können Sie nun konkret tun?
Um die Fähigkeiten im Umgang mit den Programmen zu verbessern, die Programme besser kennenzulernen, müssen Sie nicht Tausende Euro investieren oder Ihre Mitarbeiter tagelang zu externen Kursen schicken. Es ist viel einfacher:
Youtube bietet inzwischen umfangreiche Möglichkeiten, sich über die meisten der Mainstream-Software weiterzubilden. Um diese nahezu unendliche Wissensquelle zu nutzen, schlage ich folgendes Vorgehen vor:
- Machen Sie im Team ein Brainstorming über die Programme, die im Tagesgeschäft am wichtigsten sind
- Sammeln Sie im Team, welche konkreten Funktionen an diesem Programm vermeintlich fehlen, welche Prozesse nicht abgebildet werden können
- Lassen Sie die Teammitglieder für einzelne Programme und die entsprechende Recherche und anschließende Vorstellung der Ergebnisse Verantwortung übernehmen
- Sorgen Sie dafür, dass ein wetteiferndes, bereicherndes Klima für Empfehlungen entsteht
Die Ergebnisse werden Sie überraschen und Sie werden staunen, wie umfangreich dieses Vorgehen die Knowledgebase Ihres Teams erweitert.
Dieses Vorgehen hat viele gewinnbringende Aspekte:
- Sie erfahren sehr viel über Ihre bisherigen Programme
- Die Mitarbeiter beschäftigen sich intensiv mit ihren Arbeitsprozessen und der Begleitung/Umsetzung durch die Software und haben die Chance, Ungereimtheiten und Engpässe zu erkennen
- Einzelne Mitarbeiter werden Spezialisten in den jeweiligen Programmen und können für die Teamkollegen Ansprechpartner sein
- Parallel können schon die genauen Anforderungen an die benötigte Software aufgenommen werden
- Mit der intensiven Beschäftigung erfahren Sie auch die tatsächlichen Grenzen der Software
Aber man muss natürlich sagen, dieses Vorgehen benötigt Zeit. Zeit, die den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden muss. Die Beschäftigung mit der täglich genutzten Software ist als Training zu betrachten. Fortwährendes Training ist nicht nur die Voraussetzung für Verbesserungen, sondern auch dafür, überhaupt Schritt zu halten. Das Beherrschen und Ausnutzen der Software ist das Fundament für effiziente Arbeitsprozesse und nicht zuletzt Basis für die Zufriedenheit der Mitarbeiter.
In der Praxis sieht es leider oft anders aus. Viele Mitarbeiter klagen, dass Sie mit immer neuen Programmen konfrontiert werden, ohne die bisherigen tatsächlich vollumfänglich zu nutzen. Lassen Sie sich diese Chance, Wissen zu vertiefen, Geld zu sparen, eine fundierte Basis für künftige Investitionen zu schaffen, nicht entgehen.
Die Lektion:
Lernen Sie, Ihre derzeitige Software perfekt zu nutzen, damit sie deren Möglichkeiten voll ausschöpfen, anstatt nach wieder einer neuen, nur halb genutzten Lösung Ausschau zu halten. Schauen Sie, mit welchen Programmen Insellösungen zusammengefasst werden können, um Workflows zu beschleunigen, Schnittstellen zu minimieren und damit die Effizienz im Büro zu steigern. Ich garantiere Ihnen, dass sie auf diese Weise eine Effizienzsteigerung von mindestens 15 % oder mehr erreichen werden. Wir in unserem Büro haben jedenfalls mit dem beschriebenen Vorgehen diese positive Erfahrung gemacht. Und ganz vereinfacht möchte ich behaupten: alle Maßnahmen, die zur Kenntnisvertiefung und mehr Zufriedenheit bei den Mitarbeitern führen, führen auch zur Produktivitätssteigerung!
3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ich finde sehr interessante Artikel, und ich hoffe, die Arbeit mit viele Papier in alle Büro will Papierlos Büro werden!!!!
Sehr interessante Artikel, vielen Dank dafür !
Über das Papierlose Büro wird schon seit Jahren heiß im Netz diskutiert. Eine Standard Lösung gibt es nicht wirklich. Entweder das, oder Sie ist für Privatanwender so wie für Klein- und mittelständische Unternehmen kostentechnisch einfach nicht realisierbar.
Im Prinzip kocht jeder irgendwie, irgendwo sein eigenes Süppchen. Vielleicht ist meine Artikelserie deine universell einsetzbare Verfeinerung der Suppe:
– Wie dein Papierloses Büro mit Evernote wahr wird: http://wp.me/p3NN2s-1RHJ (Privatpersonen)
– Wie dein Papierloses Büro mit Foxdox wahr wird: http://wp.me/p3NN2s-1X4A (Gewerblich)
Grüße André
das liest sich hervorragend, vor allem wenn man mit offenen Augen und Ohren in seiner Firma unterwegs ist, und das Geschriebene dort so wiederfindet .