Effizientes Bewerbermanagement für mittelständische Unternehmen leicht gemacht
Die Optimierung von Prozessen in allen administrativen Bereichen eines Unternehmens ist neben dem Arbeitsplatzcoaching und dem leidenschaftlichen Einsatz für das papierlose Büro ein Thema für das ich brenne.
Im nachfolgenden Fall, war ich im Büro einer Mitarbeiterin (Bereichsleiterin), die im August in Rente geht und deren Büro voller Ordner und die Festplatte voller Daten war. Ziele unserer Arbeit waren:
- „Downsizing“ bevor die Mitarbeiterin ausscheidet und damit
- für eine möglichst effiziente Übergabe an die Nachfolgerin sorgen
- tatsächlich auch aufräumen und ausmisten,
- dabei herausfinden, welche Aufgabenbereiche genau die Mitarbeiterin betreut
- und schon während dieser Arbeit Ideen sammeln, wie diese Aufgaben künftig zeitgemäßer und effizienter bearbeitet werden können
Sofort sind die zahlreichen Ordner mit alten und aktuellen Bewerbungsmappen uns Auge gefallen und es stellte sich heraus, dass einige davon völlig unbearbeitet waren, andere nur zur Hälfte, einige trotz Bearbeitung nicht zurückgeschickt worden waren……Das bedurfte einer schnellen Änderung!
Situation zu Beginn des Projektes Prozessoptimierung Bewerbermanagement
- Stellenanzeigen wurden in Printmedien, auf der Homepage oder über das Arbeitsamt ausgeschrieben
- Stellenanzeigen waren ohne Stellennummer, oder Angabe des Bewerbungsschlusses
- kein Hinweis, dass nur Bewerbungen per Mail erwünscht
- kein Hinweis auf Ansprechpartner
Das führte zu folgenden Problemen
- Bewerbungen gingen per Mail und per Papier ein
- Bewerbungen gingen immer noch ein, auch wenn die Stelle schon besetzt war
- Bewerbungsunterlagen wurden häufig gesucht, weil Sie irgendwo im Haus „herumschwirren“, manche gingen ganz verloren
- es gab keinerlei Übersicht, wer sich wann auf welche Stelle beworben hat und wie der aktuelle Bearbeitungsstand ist
- es wurden keine pünktlichen Eingangsbestätigungen versandt
- es gab keinen standardisierten Workflow für den Bewerbungsprozess
- der ganze Prozess war sehr langsam und Absagen wurden sehr verspätet oder gar nicht versandt, was keine gutes Licht auf das Unternehmen wirft
- eine Auswertung der Bewerberzahlen und Hintergrundinformationen oder des Erfolges der genutzten Portale ist nicht möglich
- es erfolgte keine professionelle Dateiblage-, Archivierung und Vernichtung der Bewerbungsdateien
Die Lösung:
Im Falle des Bewerbermanagements galt es – wie immer bei Prozessoptimierungen- den frühestmöglichen Ansatztermin zur Optimierung zu finden. Eingehende Bewerbungen einfach zu scannen wäre nur eine sehr rudimentäre unbefriedigende Syptombehandlung. Die Anschaffung eines neuen Programms wäre auch keine Lösung, sondern für die betroffenen Mitarbeiter zum jetzigen Zeitpunkt die nächste Herausforderung und macht ohnehin keinen Sinn, wenn man nicht genau die eigenen Anforderungen kennt. In dem betroffenen Unternehmen wird auf der einen Seite mit Windows Server, Exchange, Office 2010 und einem Buchhaltungsprogramm gearbeitet, auf der anderen Seite gibt es aber noch viel Papier. Es besteht jedoch Bewusstsein und große Bereitschaft, sehr viel mehr zu elektronisch zu arbeiten und Arbeitsprozesse zu verschlanken.
Vorgehen:
- in zwei Workshops à vier Stunden haben wir mit drei verantwortlichen Mitarbeitern den die zum Bewerbermanagement gehörenden Prozesse mit Hilfe von Prozessmapping neu definiert
- es wurden Verantwortlichkeiten und konkrete Termine für die Umsetzung definiert
- die Teilschritte der Umsetzung wurden nachverfolgt und an einigen Stellen „nachjustiert“
Wir haben im Prozess an folgenden Stellen angesetzt:
1. Gestaltung der Stellenanzeige standardmäßig mit folgenden Änderungen:
- jede ausgeschriebene Stelle erhält eine Kennziffer
- es wird ausdrücklich um Bewerbung per Mail gebeten
- es wird um Anhang Übersendung in einer Datei gebeten
- es ist eine Bewerbungsfrist angegeben
2. Im Backoffice wurden folgende Prozesse/Standards eingeführt
- es gibt eine hauptverantwortliche Mitarbeiterin
- für Bewerbungen wurde es eine zentrale E-Mail Adresse eingerichtet (bewerbungen@….)
- für diese Adresse wurde ein Autoresponder mit einem Eingangsbestätigungstext angelegt
- dennoch vereinzelt eingehende Papierbewerbungen werden am gleichen Tag gescannt und zurückgeschickt
- diese Bewerbungen werden direkt an die zentrale E-Mail Adresse geschickt, von dort genauso weiterbearbeitet, wie per Mail eingegangene Bewerbungen
- die Bearbeiterin speichert die Mailanhänge in der zentralen Ordnerstruktur, pflegt die Daten in die Übersichtstabelle ein und leitet anschließend die Mail an den zuständigen Ansprechpartner weiter
- alle weitere persönliche Mailkorrespondenz wird nur über den Mailabsender des jeweiligen fachlichen Ansprechpartners geführt
Gesprächseinladungen und Absagen werden wieder von der zentralen Bearbeiterin vorgenommen
Manch einem erscheint nur eine hauptverantwortliche Person vielleicht zu wenig. Gemeinsam wurde aber beschlossen, da die Bewerber ohnehin eine Eingangsbestätigung bekommen, dass die Bearbeitung im Falle von Kurzurlaub oder unerwarteter Krankheit für ein paar Tage warten kann. Der Preis, dass etwas schief läuft, wenn mehrere Mitarbeiter mit „halbem“ Kenntnisstand oder ohne weniger Routine die Angelegenheit bearbeiten schien allen höher, als dass ein Bewerber sich im Notfall mal eine Woche gedulden muss.
Als Ergebnis der beiden Workshops wurde auch eine Prozessbeschreibung angefertigt, die im Ordner „Arbeitsbeschreibungen“ liegt, und später in ein Wiki einfließen wird.
3. Management der elektronischen Dateien
Im Explorer/Finder wurde folgende Struktur angelegt, um den Prozess darzustellen:
- wir haben uns auf einheitliche Datei- und Ordnerbezeichnungen geeinigt
- auf Anfrage nach den Bewerbungsunterlagen wird den zugriffsberechtigten Personen nur noch ein Link zur Bewerbung geschickt, kein Mailanhang mehr
- alle zuständigen Personen wissen immer, wo sie die Bewerbungsunterlagen finden
- die hauptverantwortliche Person verschiebt die Unterlagen je nach Bearbeitungsstand und ist für die „Hygiene“ des Bewerbungsordners zuständig
- die Verantwortliche pflegt die nachfolgend dargestellte Excel Tabelle
- Gesprächseinladungen und Absagen erfolgen mit vorgefertigten aber individualisierbaren Textbausteinen, damit spart man Zeit, stellt sicher, dass der richtige Ton des Unternehmens getroffen wird und vermeidet Fehler
Nachverfolgung und Auswertung der Bewerbungen
Es wurde eine einfache Excel Tabelle mit Filtern angelegt. Folgende Spalten waren in diesem Falle notwendig:
- Name
- Vorname
- Stellentitel
- Abteilung
- Ansprechpartner (ASP)
- Eingangsdatum
- Kennziffer
- Portal der Veröffentlichung
- Datum Weiterleitung an ASP
- Datum zurück von ASP
- Vermerk von ASP
- Gespräch am….
- Hospitation am…..
- Anmerkungen
Mit den entsprechenden Filtern lassen sich sehr einfach Abfragen gestalten, z.B. wie viele Personen sich auf eine Stelle beworben haben, über welches Portal, wie viele Bewerbungen noch in Bearbeitung sind…..
Der Übersichtlichkeit halber werden vierteljährlich die abgesagten Bewerbungen auf das zweite Tabellenblatt übertragen. Am Jahresende erfolgt eine entsprechende Auswertung.
5. Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, den beteiligten Mitarbeitern hat es großen Spaß gemacht, moderiert und konzentriert über den Prozess nachzudenken und sich auf neue Standards zu einigen. Die vorhandene Soft- und Hardware sowie Kenntnisse davon waren völlig ausreichend. Die technische Umsetzung war denkbar einfach.
Praktisch kann man sagen, es gibt kein Papier im Bewerbungsprozess mehr. Es gibt nur noch eine zentrale Ablage mit entsprechenden Zugriffsrechten. Beides hat die Bearbeitungszeit um mehr als die Hälfte verkürzt. Das Suchen nach Unterlagen ist völlig weggefallen ebenso das Hin-und Herreichen von Bewerbungsmappen, sowie die Portokosten für die Rücksendung. Außerdem erhalten die Bewerber schnell professionelle Antworten, was für die Außendarstellung des Unternehmens, auch bei einer Absage von Vorteil ist.
Der neue Ablauf wurde von allen Beteiligten (u.a. Geschäftsführung, Personalabteilung, Betriebsrat) mit Begeisterung angenommen. Außer den Kosten für die Beratung/Moderation und der aufgewandten Zeit sind keine weiteren Kosten entstanden. Aber ohne Zeit für’s Reflektieren, Kommunizieren, sich Einigen, Ausprobieren und Trainieren ist keine Verbesserung zu haben.