Mit kleinen Schritten ins Neue (Jahr)

„Alles Gute zum neuen Jahr!“ Das haben Sie in den letzten Tagen – 2017 ist ja noch frisch – sicherlich vielen Menschen gewünscht. Vielleicht haben Sie auch noch weitere Wünsche angeschlossen. Glück, Gesundheit, Liebe kann jeder gebrauchen, oder?

Ich finde, das ist ein schöner Brauch.

Man mag zwar einwenden, solch massenhaft und formelhaft ausgesprochenen Wünsche seien hohl. Liegt uns denn wirklich bei jedem, dem wir ein „Prost Neujahr!“ zurufen, dessen Befinden, gar Glück in den folgenden 365 Tagen am Herzen? („Prost“ bedeutet ja ursprünglich „es sei zuträglich“, möge also das Wohl steigern.) Sicher nicht in persönlicher Weise. Dennoch ist es ein Ausdruck von Anteilnahme innerhalb einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Verbundenheit. Wir leben nicht allein. Wir sind Teil einer Gemeinschaft. Wenn es darin anderen im nächsten Jahr gut oder besser geht, ist das doch für alle und auch uns selbst von Vorteil, oder?

Erfolg in Selbstverantwortung

Nur in einem hadere ich mit diesen Wünschen: mit der darin schwingenden Anrufung des Schicksals.

Die Wünsche klingen für mich so, als seien Glück, Gesundheit, gar Erfolg eine Sache des Zufalls. Man kann halt nichts tun. Man muss warten, dass „das Blatt“ sich von allein wendet, dass Fortuna sich nun endlich einem zuwenden möge.

Natürlich sind wir im Leben auch immer wieder ausgeliefert. Dinge passieren. Wir können nur reagieren. Hoffentlich passieren also günstige Dinge. Das wünschen wir uns und eben auch anderen.

Aber wie wir reagieren, das liegt stets in unserer Verantwortung. Wenn nur noch ein Reflex hilft, mag unsere Reaktionsbreite eingeschränkt sein. Doch auf längere Sicht können wir viel gestalten. Wir können den Rahmen, in dem wir reagieren, selbst zimmern.

Ich glaube, darin liegt unsere fundamentale und unverbrüchliche Verantwortung als Menschen. Wir können gar nicht anders, als uns solche Rahmen zu bauen. Wir sind quasi verurteilt dazu. Deshalb tun wir es auch jeden Tag – allerdings oft unbewusst.

Das finde ich schade. Wir machen uns damit klein. Wir geben die Hoheit über unser Leben ab an „Mächte“ – die dann bei Jahreswechsel oder Geburtstag mit guten Wünschen beschworen werden müssen. Darin schwingt gar nichts mehr mit von dem schönen Sprichwort „Jeder ist seines Glückes Schmied“.

 

Warum sagen wir uns also nicht etwas wie „Ich wünsche Ihnen das Gelingen vieler zielführender Handlungen!“? 😉 Das klingt zwar gestelzt und wäre am Ende auch formelhaft. Aber vielleicht ist das vor allem so, weil wir es nicht gewohnt sind. Durch häufigeren Gebrauch würde es natürlicher klingen. Vor allem aber wäre es von Anfang an ehrlicher, ermutigender, oder?

In diesem Wunsch wird für mich nämlich die Selbstverantwortung anerkannt.

Selbstverantwortung besteht zunächst darin, sich zu überlegen, wie das eigene Leben, die Zukunft überhaupt aussehen soll. Daraus ergeben sich dann ganz persönliche Ziele innerhalb des nächsten Jahres. Für den einen ist das vielleicht mehr Geld, für die andere mehr Zeit, für den nächsten weniger Gewicht oder mehr Muskeln. Die Welt ist bunt.

Anschließend besteht die Selbstverantwortung darin, sich auf zu machen und für die Erreichung der Ziele etwas zu tun. Handlungen sind nötig. Ins Ziel wird man nicht getragen. Und wenn, dann fehlt irgendetwas, oder? Es aus eigener Kraft zum Ziel zu schaffen, ist viel befriedigender. Darauf kann man stolz sein.

Andererseits schwingt in diesem alternativen Wunsch auch eine Anerkennung der Schwierigkeiten mit, die es machen kann, Ziele zu erreichen. Selbst die zielorientiertesten Handlungen gelingen nicht immer oder unterbleiben gar trotz bester Vorsätze. So ist das eben… 🙁 Deshalb lohnt ein guter Wunsch ab und an.

Doch auch hier sind wir nicht endgültig ausgeliefert. Gelingendes zielführendes Handeln lässt sich beflügeln.

Mit Gewohnheiten zum Ziel

Der Weg zum Ziel besteht aus vielen Handlungen. Ob sie wirklich zielführend sind, ist eine Frage. Ob sie gelingen, ist eine andere Frage. Vor allem jedoch ist die Frage: werden sie überhaupt ausgeführt? Tun Sie überhaupt, was sie tun wollen, um ihre Ziele zu erreichen?

Manche Ziele erreichen Sie, indem Sie nur eine Handlung ausführen. Das ist oft schwer genug, doch für mich sind die wirklich herausfordernden Ziele die, für die ich mehrfach oder gar immer wieder handeln muss.

Den Chef ansprechen auf eine Gehaltserhöhung kann viel Mut erfordern, ist auf dem Weg zum Jahresziel „mehr Geld“ aber womöglich die einzig notwendige Handlung.

Lautet das Ziel jedoch „Beförderung“ und dafür ist mehr Kompetenz nötig, die Sie sich erst noch erarbeiten müssen, dann ist es mit einer Handlung kaum getan. Kompetenzerwerb, Lernen ist eine langwierige Sache. Druckbetankung mit einem Seminar von 2 Tagen ist selten erfolgreich. Es braucht vielmehr wiederkehrende Lerneinheiten. Jede Woche oder gar jeden Tag muss die Kompetenz ein kleinwenig erhöht werden.

 

Ziele, die nur mit vielen Schritten erreicht werden können, Ziele, die insofern Disziplin brauchen, scheinen mir die wahrhaft schwierigen zu sein. Nicht umsonst stehen die oft am Jahresanfang auf dem Programm – weil es im letzten Jahr noch oder wieder nicht geklappt hat. Es sind die „Neujahrsvorsätze“, die man 2-3 Wochen radikal angeht – um dann stark nachzulassen.

Auch bei ihnen hilft der Wunsch nach „viel Glück“ jedoch nicht. Nützlicher wäre eine Technik, um solche Ziele systematisch(er) zu erreichen.

Zum Glück 😉 gibt es jedoch eine solche Technik. Sie wird unter anderem von B.J. Fogg unter dem Namen Tiny Habits (dt. winzige Gewohnheiten) propagiert.

Ich finde sie in ihrer Einfachheit überzeugend. Damit habe ich in meinem Leben schon einiges bewegt – ganz ohne Fortuna bemühen zu müssen 😉 Eigentlich müssen Sie nur zweierlei bedenken:

1. Small is beautiful

Sie machen es sich viel leichter mit Ihren Zielen, wenn Sie sich nicht zu viel vornehmen. Gerade Ziele, die Verhaltensänderungen von Ihnen fordern, sollten zunächst nah gesteckt werden. Nicht nur ist „Ich will mich besser ernähren“ zu schwammig, es ist auch (deshalb) zu groß. Dasselbe gilt für „Ich möchte mein Zeitmanagement verbessern“. „Mein Büro soll papierlos werden“ ist dagegen schon viel konkreter – immerhin können Sie einfach messen, wie viel Papier sie noch produzieren/verarbeiten –, doch es ist wie die anderen Ziele sehr groß.

Viele Ziele, die wir uns setzen, erfüllen nicht die Bedingung R wie Realistisch SMARTer Zieldefinitionen. Sie sind nämlich nicht realistisch, weil sie nur eine kleine Chance haben, sich gegen Ihren Alltag durchzusetzen.

Ihr Alltag ist voll von Gewohnheiten, Verpflichtungen, Unterbrechungen. Sie haben heute wahrscheinlich schon einige Mühe, unter diesen Bedingungen den Ist-Zustand aufrecht zu erhalten und nicht zurückzufallen. Und nun kommt noch etwas Neues daher. Bei (gefühlt) vollem Tag sollen Sie Raum finden für weitere Handlungen oder zumindest Entscheidungen, bestehende Handlungen zu verändern. Puh… das ist keine leichte Nummer.

Eine Chance gibt es in diesem Geflecht vor allem, wenn das Neue, die Veränderung ganz, ganz unaufwendig ist.

Ihr Ziel ist „gesunde Ernährung“? Dann beginnen Sie z.B. mit einem Löffel bestem Leinöl jeden Tag (Zeitaufwand: 30 Sekunden). Nur für den Anfang. Wenn der zur Selbstverständlichkeit geworden ist, können Sie ein bisschen stolz auf sich sein. Dann fällt die nächste Veränderung schon leichter, z.B. jeden Tag einen grünen Smoothie zu trinken (Zeitaufwand: 5 Minuten).

Oder Ihr Ziel ist, „besseres Zeitmanagement“? Dann beginnen Sie z.B. mit dem Blick in eine ToDo-Liste zwei Mal am Tag (Zeitaufwand: 2 x 30 Sekunden). Ja, nur reinschauen, noch nichts eintragen! Machen Sie zunächst nur den Blick in die ToDo-Liste zur Gewohnheit. Wenn der verlässlich ist, dann und erst dann beginnen Sie, in die Liste auch etwas einzutragen. Jetzt können Sie sich nämlich selbst vertrauen, Aufgaben auch wirklich nicht mehr zu vergessen. Sie schauen ja jeden Tag zwei Mal auf Ihre Liste.

 

Erst, wenn Sie diese Gewohnheit gemeistert haben und ihre Liste füllen und verlässlich wiedersehen und Aufgaben auch abarbeiten, nehmen Sie sich eine nächste zielführende Handlung vor, z.B. eine Triage durchzuführen. Jedes Mal, bevor Sie eine Aufgabe in die ToDo-Liste eintragen, fragen Sie sich: „Erfüllt die Aufgabenbeschreibung alle Bedingungen, damit ich die Aufgabe zügig abarbeiten kann?“ Überlegen Sie kurz (Zeitaufwand: 30 Sekunden), dann tragen Sie die Aufgabe ein. Mehr nicht. Lehnen Sie Aufgaben noch nicht ab, wenn Sie herausfinden, dass sie eigentlich noch nicht klar genug formuliert sind. Das wäre zu diesem Zeitpunkt womöglich schon demotivierende Überanstrengung. Machen Sie erst nur die Frage zur Gewohnheit.

Dauert es auf diese Weise denn nicht (zu) lange, bis man die Gesamtveränderung, die man eigentlich anstrebt, erreicht? Ja, mit kleinen Schritten dauert es länger als mit großen, um einen Weg zurückzulegen. Aber kleine Schritte tun sich leichter. Mit kleinen und kleinsten Schritten ist die Wahrscheinlichkeit viel größer, dass Sie sie überhaupt tun. Sie gelingen viel öfter und sie stiften beim Gelingen Zufriedenheit. Ihr Motivationstank wird bei jedem gelingenden winzigen Schritt wieder aufgefüllt.

Das scheint mir auch hinter der Weisheit „Der Weg ist das Ziel“ zu stecken. Der Weg, das sind die vielen Schritte. Wenn wir auf unsere Füße schauen und konsequent voranschreiten, dann können wir bei klarer Richtung kaum anders, als ans Ziel zu gelangen.

Größere Schritte erhöhen zwar die Geschwindigkeit, laden allerdings auch zum Stolpern ein. Oder wir verausgaben uns mit ihnen. Oder sie weichen so weit von der Zielrichtung ab, dass wir viel zusätzliche Mühe für eine Kurskorrektur aufwenden müssen. Nach meiner Erfahrung bewahrheitet sich auch immer wieder die Weisheit: Viele Menschen überschätzen, was sie in kurzer Zeit schaffen können und unterschätzen, was über lange Zeit mit kleiner aber regelmäßiger Übung schaffen können.

2. Ankergewohnheit finden

Kleine und kleinste Schritte allein reichen nach B.J. Fogg aber noch nicht aus, um gute Vorsätze umzusetzen. Denn wann machen Sie solch einen kleinen Schritt. Ihr Tag ist schon voll. Ihre Aufmerksamkeit ist auf alles mögliche gerichtet. Wie erinnern Sie sich überhaupt daran, einen Kleinstschritt zu tun?

Die Tiny-Habits-Technik empfiehlt, das Neue an etwas Bestehendes zu koppeln. Finden Sie eine Gewohnheit oder Pflicht, irgendeine Regelmäßigkeit, an der Sie Ihre veränderte Verhaltensweise verankern können.

Beispiel „gesunde Ernährung“: Jeden Abend, wenn Sie nach Hause kommen, nehmen Sie sofort den Löffel Leinöl zu sich. Sie kommen zur Tür rein, gehen in die Küche, nehmen einen Löffel und greifen die Leinölflasche im Kühlschrank. Zack. Nicht zögern. Ran-rauf-rüber. Zuerst den Mantel abzulegen, wäre schon eine Ablenkung.

Oder auf dem nächsten Level: Jeden Morgen nach dem oder als Frühstück machen Sie sich einen grünen Smoothie. Zack. Nicht zögern. (Dafür müssen Sie natürlich vorher schon die passenden Zutaten eingekauft haben 😉 Daran zu denken, ist eine andere Gewohnheit, die sie verankern müssen.)

Beispiel „besseres Zeitmanagement“: Nachdem Sie sich im Büro morgens und nach dem Mittag einen Kaffee geholt haben, schauen Sie auf die (noch leere) ToDo-Liste.

Oder auf dem nächsten Level: Jedes Mal, wenn Sie im Büro angerufen wurden, machen Sie einen Eintrag in Ihre ToDo-Liste. Irgendetwas gibt es nach einem Telefonat immer zu tun, oder? 😉

***

Ein Ziel zu erreichen, erfordert Veränderung. Veränderung kostet Energie. Wenn Sie etwas verändern wollen, sollten Sie also mit Ihrer Energie sehr sorgsam umgehen. Verausgaben Sie sich nicht! Lassen Sie sich so weit wie möglich durch „die Umstände“ unterstützen, statt sie nur als Widerstände zu sehen.

B.J. Foggs Formel für erfolgreiche Umsetzung von Veränderung nicht nur anlässlich eines neuen Jahres ist:

„Put hot triggers in front of motivated people“, B.J. Fogg

Vorausgesetzt Sie sind schon motiviert, dann fehlt es Ihnen noch an einem „hot trigger“, an einem unwiderstehlichen Signal, etwas für Ihr Ziel zu tun. Deshalb lautet die Empfehlung, das Neue mit einem Anker an alte Gewohnheiten zu binden.

Und wenn Sie durch das unwiderstehliche Signal an Ihr Ziel erinnert sind, tun Sie etwas ganz, ganz Einfaches. Nicht der Umfang Ihrer Handlung ist wichtig, sondern dass Sie verlässlich überhaupt zielführend handeln. „Steter Tropfen höhlt den Stein.“

Ich mache es nicht anders. Für das neue Jahr habe ich mir „mehr meditieren“ vorgenommen. Das gehe ich an, indem ich mich jeden Tag nach dem Aufstehen und meinem kleinen heimischen Sportprogramm sofort zu einer kurzen Meditation hinsetze.

Am Ende mögen eine halbe oder eine Stunde Meditation pro Tag wünschenswert sein. Aber ich fange lieber nur mit 15 Minuten an. Das klappt ganz gut. Falls ich damit jedoch Schwierigkeiten bekomme, reduziere ich lieber auf 10 oder 5 Minuten, statt nur gelegentlich zu handeln oder die Handlung auf einen besseren Zeitpunkt zu verschieben.

Ich wünsche Ihnen für das neue Jahr, dass Ihnen die angestrebten Veränderungen gelingen mögen!

P.S. Wenn Sie interessiert sind, hier ein Video (auf Englisch) mit B.J. Fogg, in dem er Tiny Habits erklärt:

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